Neun Botschaften für die Gestaltung nachhaltiger Pendelmobilität

Die Zahl der Berufspendler*innen in Deutschland wächst stetig. Das Pendeln ermöglicht vielen Erwerbstätigen, weiterhin an ihrem Wohnort zu leben. Die Kehrseite zeigt sich aber im hohen Verkehrsaufkommen in Ballungsräumen. Diese zumeist täglichen Fahrten zwischen Arbeits- und Wohnort haben weitreichende Auswirkungen auf die Ein- und Auspendler sowie Transitkommunen, die Lebensqualität der Pendler*innen selbst, ihr soziales Umfeld sowie die lokale und globale Umwelt.

„Der Pendelverkehr ist für 25% der verkehrsbedingten CO2-Emissionen verantwortlich“ (Schelewsky et al. 2020)

Der Bedarf, das Pendeln für Mensch und Umwelt nachhaltiger zu gestalten, ist folglich nach wie vor groß. Bisherige Bestrebungen in Richtung einer nachhaltigen Pendelmobilität zeigen nur wenig Wirkung.

Drei Schlüsselerkenntisse

Im, vom BMBF geförderten, Forschungsprojekt „PendelLabor“ wurden neue Perspektiven auf das Pendeln und neue Ansätze und Ideen für Kommunen, regionale Akteure und Pendler*innen für ein nachhaltigeres Pendeln erarbeitet und aufgezeigt. Die Forschungsergebnisse zeigen drei Schlüsselerkenntnisse auf, die bei der nachhaltigen Gestaltung von Pendelmobilität berücksichtigt werden sollten:

  1. Pendeln ist Teil eines komplexen Alltags: Der Weg zur Arbeit ist eng mit dem allgemeinen Tagesablauf verknüpft. Maßnahmen zur nachhaltigen Gestaltung von Pendelmobilität sollten also dazu beitragen, dass Pendelnde den unterschiedlichen Anforderungen des Alltags und der Arbeit besser gerecht werden können. Weiterlesen
  2. Handlungsfelder jenseits des Verkehrs spielen eine wichtige Rolle: Einen wichtigen Einfluss auf das Pendeln hat die Siedlungsentwicklung. Diese bestimmt die räumliche Lage von Wohn- und Arbeitsstandorten aber auch die Standorte anderer Alltagsorte, wie Supermärkte, Apotheken, Ärzte, Schulen und Kitas. Weitere wichtige Handlungsfelder betreffen die Öffnungszeiten von Alltagsorten und Betreuungseinrichtungen sowie die Rahmenbedingungen am Arbeitsplatz.
  3. Bedürfnisse von Pendler*innen sind unterschiedlich: Während für manche Pendler*innen im Vordergrund steht, möglichst schnell zur Arbeit zu kommen, ist es für andere der Komfort oder die Möglichkeit den Pendelweg mit anderen Aktivitäten oder Erledigungen zu verbinden. Damit sind auch die Stellschrauben für ein nachhaltiges Pendeln ganz unterschiedlich. Weiterlesen

Neun Botschaften

Darauf aufbauend wurden neun Botschaften für die nachhaltige Gestaltung von Pendelmobilität entwickelt. Sie bieten Allen einen Wegweiser – egal ob beruflichen oder privaten Akteure, wo und wie sie aktiv werden können. Neben dem weiteren Ausbau von Infrastrukturen gilt es auch, Fähigkeiten bei Pendler*innen zu stärken, mit denen sie ihren Pendelalltag gestalten können. Die Botschaften zeigen zudem, dass sehr unterschiedliche Akteure aktiv werden können und müssen. Neben den Pendler*innen selbst, die ihr Pendelverhalten verändern können, sind das vor allem kommunale Akteure, Arbeitgeber*innen, regionale Institutionen und Mobilitätsdienstleister, die die notwendigen Rahmenbedingungen für nachhaltiges Pendeln schaffen können. Letztlich sind aber auch die Bundes- und Landesebene gefragt, solche Rahmenbedingungen zu schaffen.

Die Botschaften setzen auf zwei Ebenen an:

  • Die ersten fünf Botschaften adressieren die Verbindung des Pendelwegs mit dem restlichen Alltag. Sie zeigen unter anderem auf, was auch kurzfristig getan werden kann und wie verschiedene Maßnahmen miteinander verbunden werden können.
  • Vier weitere Botschaften zeigen auf, wie der im PendelLabor vorgenommene Perspektivwechsel auch in der Praxis verankert werden kann. Hierfür braucht es neue Prozesse und Planungspraktiken in den Kommunen, aber auch in der Kooperation zwischen Kommunen, Arbeitgebern und Zivilgesellschaft.

Es gibt keinen Grund, nicht anzufangen

Aus allen Botschaften wird deutlich, dass es auch jenseits des langwierigen Ausbaus Wegen, Straßen und Schienen viele Möglichkeiten gibt, um Pendelmobilität in eine nachhaltigere Richtung zu lenken und damit auch direkt begonnen werden kann. Es gibt also keinen Grund zu warten, um mit der nachhaltigen Gestaltung von Pendelmobilität anzufangen.

1) Die emotionale Bewertung des Pendelwegs ist ein wichtiger Hebel zur Veränderung von Pendelmobilität

Pendler*innen bewerten das Pendeln für sich ganz unterschiedlich: Für die einen ist es purer Stress und verlorene Zeit, für andere wiederum Erholung, Sport oder ‚Zeit für mich‘. Solche positiven Sichtweisen können eine Motivation auslösen, um das Pendeln zu verändern.  Maßnahmen zur nachhaltigen Gestaltung sollten darauf abzielen, dass solche positiven Motive angesprochen werden. Weiterlesen

2) Einkaufs-, Freizeit- und Kinderbetreuungseinrichtungen müssen mit dem Umweltverbund sicher erreichbar sein

Der Weg zur Arbeit ist eng mit anderen Tagesaktivitäten verknüpft. Die Erreichbarkeit von den Zielorten mit nachhaltigen Verkehrsmitteln ist daher unverzichtbar. Weiterlesen

3) Flexibilität beim Arbeiten ermöglicht nachhaltige Pendelmobilität

Flexible Arbeitszeit- und Arbeitsortmodelle tragen dazu bei, die Anzahl der Wege und damit den Verkehrsaufwand zu reduzieren. Sie erleichtern auch die Wahl nachhaltiger Verkehrsmittel und erlauben es, im Fall von Co-Working-Büros, kürzere Strecken zurückzulegen. Weiterlesen

4) Nachhaltiges Pendeln braucht multimodale Mobilitätsangebote

Um den eingespielten Arbeitsweg mit dem Auto anders zu gestalten, reicht oft ein Verkehrsmittel allein nicht aus. Häufig ist es praktischer, mehrere Verkehrsmittel zu kombinieren – auf einer Strecke oder im Wochenverlauf. Die gesamte Wegekette muss funktionieren. Weiterlesen

5) Wer Pendeln verändern will, muss Maßnahmen passgenau kombinieren

Die komplexen Zusammenhänge zwischen Alltag, Arbeiten und Pendeln erfordern unterschiedliche Ansätze für die Veränderung von Pendelpraktiken. Dabei können sich bestimmte Maßnahmen ergänzen, damit Synergien genutzt und ungewollte Effekte abgemildert werden. Aber welche Maßnahmen sind sinnvoll kombinierbar? Weiterlesen

6) Experimentierräume bieten die Möglichkeit, neue Pendelpraktiken zu erproben und neue Kompetenzen zu erlernen

Um eine nachhaltige Pendelmobilität zu fördern, können Experimentierräume geschaffen werden. Diese bieten Pendler*innen einen niederschwelligen Zugang, um unverbindlich neue Pendelpraktiken ausprobieren und neue Pendelroutinen entwickeln zu können. Experimentierräume bieten die Möglichkeit im direkten Austausch mit den Pendler*innen Hemmnisse zu identifizieren und Rahmenbedingungen entsprechend zu verändern. Weiterlesen

7) Co-Design-Prozesse und Planspiele ermöglichen Perspektivwechsel, um Pendelmobilität neu zu denken

Da Pendeln im Alltag ein vielschichtiges und komplexes Thema ist, braucht es differenzierte Lösungsansätze. Diese erfordern das Zusammenspiel verschiedener Disziplinen und Zuständigkeiten. Co-Design-Prozesse und Planspiele sind geeignete Instrumente, um neue Perspektiven auf das Pendeln zu entwickeln und Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Weiterlesen

8) Mit betrieblichem Mobilitätsmanagement übernehmen Arbeitgeber Verantwortung und schaffen Anreize

Arbeitgeber können bereits mit wenigen Maßnahmen gute Rahmenbedingungen und Anreize für eine nachhaltige Pendelmobilität schaffen und mit einem umfassenden Mobilitätsmanagement dauerhaft verankern. Weiterlesen

9) Zielgerichtete Formen der Zusammenarbeit stärken die regionale Handlungsfähigkeit

Unterschiedliche Akteure gestalten die Rahmenbedingungen für nachhaltiges Pendeln Neben der Verkehrsplanung, der Verkehrspolitik und öffentlichen oder privaten Mobilitätsanbietern, sind auch die Stadt- und Regionalplanung sowie regionale Institutionen beteiligt. Darüber hinaus können insbesondere Arbeitgeber*innen die nachhaltige Mobilität ihrer Beschäftigten unterstützen. Weiterlesen

Mehr über das PendelLabor und die Botschaften erfahren Sie in den Veröffentlichungen im Downloadbereich. Weiterlesen